6 Wege Ihre Kunden mit „intelligenten“ Systemen zur Anrufvermittlung in den Wahnsinn zu treiben
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Wer kennt sie nicht, die Bandansagen und „intelligenten“ Tonwahlsysteme, die man in der Regel erst einmal überwinden muss, um bei deutschen Kunden-Hotlines zu einem persönlichen Ansprechpartner vermittelt zu werden. Dass diese Systeme ihre Berechtigung haben, steht außer Frage, schließlich finden sie schnell heraus, welcher Ansprechpartner überhaupt der richtige für den Anrufer ist. Doch leider scheitert die schöne Theorie nur allzu oft an der Realität, so dass der Kunde am Ende völlig entnervt aufgibt, eine E-Mail schreibt oder gleich vor Wut kündigt.
Selbst wenn ein leidensfähiger Kunde nicht sofort das Kündigungsschreiben aufsetzt, ist das Kundenerlebnis bereits nach der ersten Odyssee mit automatischen Vermittlungssystemen nachhaltig geschädigt. Ein Zustand den es zweifellos zu vermeiden gilt. Besser Sie kennen also die 6 schlimmsten Situationen, die Kunden mit „intelligenten“ Systemen zur Anrufvermittlung leider häufig erleben, um diese in Ihrer eigenen Firma zu vermeiden. Denn die eigenen Kunden in den Wahnsinn zu treiben, hat zumindest gemäß unseres Kenntnisstandes noch zu nie zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell gehört.
Fehler bei der Spracherkennung
Aus dem Telefon erklingt die Stimme einer freundlichen jungen Frau, die den Kunden anweist: „Bitte nennen Sie den Grund Ihres Anrufs nach dem Signalton.“. Im ersten Moment mag der ahnungslose Kunde noch die Fortschrittlichkeit dieser Lösung per Spracherkennung würdigen und ganz optimistisch „Ich habe ein Problem mit meinem Fernsehempfang.“ in den Hörer sprechen. Erst als die Stimme am anderen Ende der Leitung freundlich und mit seltsam abgehackter Betonung wiederholt: „Sie traben Bein Bau-Lehm mit einem Fernwehklang.“ dämmert es dem Kunden und erste Zweifel schleichen sich ein. Er versucht es ein zweites Mal etwas bestimmter. Wieder wiederholt die Stimme den Satz, zwar weiterhin furchtbar freundlich aber leider immer noch total falsch. Spätestens beim dritten oder vierten Versuch wird der Kunde sein Anliegen wahrscheinlich entnervt in den Hörer brüllen, bis er wütend auflegt und anschließend die AGB studiert, um die Kündigungsfrist nachzulesen.
Auswahlmöglichkeiten zu stark einschränken
Eine weitere bombensichere Methode, um Kunden in den Wahnsinn zu treiben, bieten zu wenige bzw. unpassende Auswahlmöglichkeiten. Der Kunde ruft also an, weil z.B. auf seiner Rechnung Positionen auftauchen, die er sich nicht erklären kann. Die Bandansage trällert: „Wählen Sie die 1, wenn Sie das Guthaben auf Ihrer Kundenkarte abfragen möchten. Wählen Sie die 2, wenn Sie ein technisches Problem melden wollen. Bleiben Sie in der Leitung, um die Optionen erneut zu hören.“ Ratlosigkeit macht sich beim Kunden breit. Er hat doch eine Frage zu seiner Rechnung. „Wählen Sie die 1, wenn Sie das Guthaben…“ Nicht wenige Kunden überkommt in dieser Situation das dringende Bedürfnis, das Telefon aus dem Fenster zu werfen.
Das „intelligente“ System gewinnt die Überhand
Die Grenzen der Belastbarkeit lassen sich auch sehr gut austesten, indem man es dem Kunden unmöglich macht, einen echten Menschen zu sprechen. „Für eine persönliche Beratung, wählen Sie die 3.“ – gesagt, getan. Doch an Stelle des gewohnten Freizeichens ertönt erneut die Computerstimme: „Guten Tag! Für die Abfrage Ihres Guthabens wählen Sie die 1. Für die Meldung von technischen Problemen, wählen Sie die 2. Für eine persönliche Beratung, wählen Sie die 3.“ Das kann doch nicht wahr sein. Erneut wählt der Kunde die 3. „Guten Tag! Für die Abfrage Ihres Guthabens…“ Grrrrr….!
Psychologische Kriegsführung mit Hilfe von Wartemusik
„Zur Zeit sind alle Leitungen belegt. Wir werden Sie mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbinden.“ Und dann setzt ein viel zu lauter Schlager, eines der dunkelsten Kapitel deutscher Musikgeschichte ein. Rex Gildo setzt an und gibt: „Hossa! Hossa! Fiesta, fiesta Mexicana, heut’ geb’ ich zum Abschied für alle ein Fest!“ zum Besten. Wer nicht sofort panisch den Hörer auflegt, um dieses Gedudel zu stoppen, der wird zumindest am eigenen Leibe erfahren, was psychologische Kriegsführung bedeutet.
Wartezeit bis zum Sankt Nimmerleins-Tag
Ihr Kunde ist immer noch bei klarem Verstand und weiterhin gewillt, die Geschäftsbeziehung aufrecht zu erhalten? Erstaunlich, aber auch für diese Härtefälle gibt es ein bewährtes Mittel. Lassen Sie Ihren Kunden so lange in der Warteschleife versauern, bis er vergessen hat, warum er überhaupt angerufen hat. „Zur Zeit sind alle Leitungen belegt. Die aktuelle Wartezeit beträgt 35 Jahre, 2 Monate, 10 Tage, 5 Stunden und 37 Minuten.“
Informationen immer und immer wieder abfragen
Nun folgt der Todesstoß. Ihr Kunde hat also im schlimmsten Fall 5 Mal den Grund für seinen Anruf in den Hörer gebrüllt, bis das System ihm die automatischen Auswahlmöglichkeiten angesagt hat. Zwar musste der Kunde eine völlig unsinnige Auswahl treffen, weil sein eigentliches Problem nicht in der Liste der Optionen auftauchte, aber auch diese Hürde hat er überwunden. Als das System ihm den Kontakt zu einem echten Menschen standhaft verweigern wollte, hat er durch Auflegen, erneutes Durchlaufen des gesamten Prozesses und die strategische Wahl einer anderen Abzweigung im scheinbar undurchdringlichen Bandansagen-Dschungel auch in diesem Punkt das System überlisten können. Er hat anschließend 45 Minuten mit Rex Gildo in der Warteschleife verbracht und ist nun ganz kurz vor dem Ziel: der echten menschlichen Kontaktaufnahme. „Bitte tippen Sie nun noch Ihre 12-stellige Kundennummer ein, damit Ihnen Ihr Berater schnellstmöglich weiterhelfen kann.“ Hektisch die letzte Rechnung hervorgekramt und da ist sie. Siegessicher tippt der Kunde seine Kundennummer ein und erhält ein Freizeichen. „Guten Tag, mein Name ist Alexander Muster, wie kann ich Ihnen helfen?“
Der Kunde kann es kaum glauben. Bilder entstehen vor seinem geistigen Auge – der Triumphbogen in Paris, die Freiheitsstatue in New York, ein Rosinenbomber über Berlin – begleitet von Fanfaren-Klängen. „Ich habe ein Problem mit meinem Fernsehempfang.“ Man hört den Berater am anderen Ende der Leitung ein paar Mausklicks vollführen. Dann: „Ok, könnten Sie mir bitte einmal Ihre 12-stellige Kundennummer durchgeben?“. Einmal tief durchatmen, so kurz vor dem Ziel wird jetzt nicht schlapp gemacht. Der Berater tippt die Kundennummer brav ein und stellt dann fest, dass er den Fall an einen Mitarbeiter weitergeben muss. Na gut, immerhin ertönt bei der Weiterleitung ein Freizeichen und der Kunde wird nicht erneut mit Rex Gildo gefoltert. Dann wieder die Bandansage: „Bitte tippen Sie nun noch Ihre 12-stellige Kundennummer ein, damit Ihnen Ihr Berater schnellstmöglich weiterhelfen kann.“ Ernsthaft? Nein, der Kunde gibt nicht klein bei. Er will am Ende siegen!
„Guten Tag, mein Name ist Tanja Müller, Sie wollen ein Problem mit Ihrem Fernsehempfang melden?“ Erleichterung macht sich breit. Ein Ende der Odyssee ist zum Greifen nah. Aber nein. Zu früh gefreut. Die freundliche Tanja macht einen fatalen Fehler. Nichtsahnend bittet sie um die 12-stellige Kundennummer. Die Bombe platzt. „Wollen Sie mich ver***? Was zum Teufel ist denn Ihr Problem? Noch nie und ich meine wirklich noch nie!!! ist mir so ein Saftladen unter gekommen! Wenn ich könnte, würde ich Ihre sch*** Telefonanlage verbrennen, Ihrem Witz von Unternehmen für immer den Strom abschalten und der Yakuza einen anonymen Hinweis zukommen lassen, dass der eigentliche Zweck Ihres nur zur Tarnung gegründeten Unternehmens darin besteht, ihnen das Geschäft mit dem Menschenhandel in Deutschland streitig zu machen. Da mir klar ist, dass das auch für mich am Ende mit Gefängnis verbunden sein könnte – wo doch eigentlich Sie meiner Ansicht nach hingehören! – werde ich stattdessen jede legale Maßnahme ergreifen, um dafür zu sorgen, dass nie wieder ein Kunde einen Vertrag mit Ihnen abschließt oder verlängert. Ich denke, ich werde mir zwei Wochen Urlaub nehmen, um mich darum zu kümmern! Einen schönen Tag noch!“ und dann bricht die Verbindung ab.
Game over. Fragt sich nur für wen…